01.07.2021-31.07.2021
Wiedermal haben wir einen Plan. Wir wollen am Montag, den 5.7. von Quinta do Lorde nach Porto Santo fahren und dort ein Wetterfenster für die Weiterfahrt auf die Azoren abwarten. Die Usi ist schon in Porto Santo und wartet auf uns. Hajo hat in den letzten Tagen täglich das Wetter abgerufen und nach gemeinsamer Lagebesprechung kommen wir zu dem Entschluss, dass Mittwoch, der 7.Juli, ein idealer Starttag ist, um auf die Azoren zu segeln. Wir werden Porto Santo auf dem Rückweg besuchen, da es keinen Sinn ergeben würde für einen Tag die Einreiseformalitäten zu erledigen. Unseren letzten Abend in Quinta do Lorde verbringen wir bei einem gemeinsamen Abendessen mit Walter und Eva von der Indigo und Cornelia und Volker von der Hexe. Nach aktuellem Wetter soll uns durchgängig ein 3-4 Bft. NE-Wind begleiten, der zwischenzeitlich etwas weiter nördlich kommt. Die maximalen Böen werden mit 18 Knoten angegeben und die Wellen sollen im Maximum eine Höhe von 1,6m mit ca. 7 Sekunden erreichen. Überwiegend sollen wir mit halbem Wind fahren. Besser kann es nicht kommen.
Mittwoch, den 7.Juli um 6:00 UTC +1 - der Wecker klingelt. Nach einem Kaffee und einer Dusche schmeißen wir pünktlich um 07:00Uhr die Leinen los. Unsere Reise auf die Azoren beginnt. Zunächst müssen wir um die östliche Spitze Madeiras, den Ponta de São Lourenço, herumfahren. Hier ist die Welle kabbelig. Um 09:00Uhr ist es geschafft. Wir setzten Groß und Genua und schalten den Motor aus.
Der Wind ist mit 4 Bft. Etwas stärker als vorhergesagt, uns kommt es zu Gute. Kurz vor Mittag können wir ca. 30 Delphine bei der Jagd beobachten. So viele haben wir auf einen Schlag bisher nicht gesehen. Beeindruckend. Leider ist es schwierig diese Momente in Fotos zu packen. Trotzdem ein Versuch.
Gegen 16:00 h haben wir die Westspitze Madeiras erreicht, die Mobilfunkversorgung hört auf. Wir segeln in die erste Nacht. Hajo hat Linsen mit Chorizo vorbereitet und es schmeckt hervorragend. Am Morgen erwartet uns ein wunderschöner Sonnenaufgang.
Obschon die erste Nacht ruhig ist, haben wir nicht viel geschlafen, eher gedöst. Hajo ist das Bett im Salon zu schmal. Der Linearantrieb vom Autopilot ist unter unserer Koje in der Achterkajüte montiert, der alte Antrieb war laut und hat ein Schlafen fast unmöglich gemacht. Der neue Antrieb ist deutlich leiser, wir versuchen es. Da wir auf Backbordbug fahren, baut Hajo unser Bett so um, dass wir nicht heraus fallen können.
Mit Schlepp- und Windgenerator in Betrieb haben wir in der ersten Nacht nur 24Ah Strom verbraucht. Um die Batterien wieder komplett zu Laden, legen wir ein mobiles Solarpanel auf die Spray Hood, eines hängen wir an den Heckträger, sodass die Morgensonne quasi senkrecht darauf scheint. Bereits mittags haben wir 8-10 A Ladestrom. Ein mobiles Solarpanel hätten wir noch in Reserve. Ganz alleine auf hoher See.
Zum Abendessen gibt es Pizza aus der Trattoria „Beim Hajo“. Beim Kochen frischt der Wind auf und dreht weiter nördlich. Wir haben Böen bis 20 kn wahrer Wind, im Segel stehen bis zu 24 kn scheinbarer Wind. Wir fahren jetzt 50° am Wind. Das Besondere an den Böen ist, dass sie bis zu 20 min. anhalten, dann geht der Wind 2-3 min zurück auf die vorhergesagten 12-13 kn und schon kommt die nächste 20 min Böe. Wir ziehen Groß und Genua ins dritte Reff und machen trotzdem weiterhin gut 5 kn Fahrt. Mit dem Wind kommt auch die Welle. Klein und kabbelig. Wir schlafen nur wenig, es ist einfach zu unruhig und die Welle knallt regelmäßig laut gegen den Rumpf. Vorteil des starken Winds ist es, dass wir mit vollen Batterien aus der Nacht kommen.
Der Tag verstreicht ohne besondere Vorkommnisse. Am Mittag wird es ruhiger und wir haben die Nacht schon fast vergessen. Ein Blick in die Kombüse – heute gibt es Hähnchen Mexiko.
Der letzte Tag auf See. Morgen früh wollen wir ankommen. Bei 400sm gibt es erstmal ein Bier, es ist ja auch schon 11 Uhr.
Zum Abend wird noch einmal gerechnet. Wir wollen nicht im Dunkeln ankommen, sodass wir langsamer werden müssen. Wir reffen was das Zeug hält und fahren in die letzte Nacht. Ein letzter Sonnenuntergang.
Zwischendurch konnten wir die Usi immer wieder mal auf dem AIS sehen, in der Nacht sehen wir, dass sie nicht Kurs auf Santa Maria nimmt sondern Sao Miguel ansteuert. Ein Wiedersehen gibt es erst in ein paar Tagen. Auch Albert und Uschi wollten nicht nachts ankommen, da sie uns aber 15 sm voraus waren, hätte reffen nicht gelangt, das Schiff muss noch steuerbar bleiben. Im Nachhinein ein guter Entschluss. Der Backbordmotor der Usi springt nicht mehr an, in Ponta Delgada ist ein Service vor Ort. Die letzte Nacht ist ruhig. Wir können uns ausruhen und erreichen am nächsten Morgen, den 11.07. unser Ziel Vila do Porto auf Santa Maria.
Am Quarantänesteg erledigen wir unsere Anmeldung, mit EU Impfzertifikat kein Problem. Gegen 11:00h liegen wir in unserer Box. Jetzt erstmal ein paar Anleger.
  Unsere Route:
Zunächst verordnen wir uns 2 Tage Ruhe. Richtiges Schlafen fehlt bei einer Überfahrt doch und so gehen wir früh ins Bett und schlafen lange. Am zweiten Tag schaffen wir einen Spaziergang ins Dorf. Vila do Porto ist mit über 3000 Einwohnern mit Abstand die größte Gemeinde Santa Marias, in der mehr als die Hälfte der Einwohner der Insel leben. Es gibt 2 größere Supermärkte und einige kleinere. Das Leben spielt sich entlang der Hauptstraße ab, neben den Supermärkten gibt es noch eine Bank, Post und einige Bars und Restaurants.
Wir versuchen über das Internet einen Leihwagen zu buchen, ohne Erfolg. Nicht für 3 Tage, nicht für einen Tag. So entscheiden wir uns die Leihwagenstation in Vila do Porto persönlich aufzusuchen. Um einen Leihwagen anzumieten muss Tom’s Führerschein mit, aber Tom’s Portemonnaie ist nicht auffindbar. Wir drehen das ganze Schiff auf links, fragen beim Hafenmeister und der Polizei ob es vielleicht gefunden wurde, es bleibt verschwunden. Tom sperrt sicherheitshalber die Karten. Der Leihwagenplan wird trotzdem verfolgt, dann muss Hajo halt fahren. Die Leihwagenstation liegt am Rand des Dorfes und man kann ins Hinterland sehen. Aber auch persönlich ist kein Leihwagen zu bekommen. Auf dem Rückweg kommen wir am Taxistand vorbei und entdecken: Mario, Taxi 25, English spoken. Wir sprechen ihn an und vereinbaren eine Inselrundfahrt für morgen, den 15.07.2021.
Um 10:00h holt uns Mario pünktlich am Hafen ab und nachdem wir unsere Wünsche, keine Kirchen und keine Museen zu besichtigen, geklärt haben geht es los. Während der Fahrt ist eine der Haupteinnahmequellen der Insel zu sehen, die Rinderzucht. Wir starten im Nordwesten der Insel an der Baia dos Anjos, der Engelsbucht. Eine beliebte Badebucht mit einem Naturpool. In Anjos steht auch eine Kolumbusstatue. Auf dem Weg kommen wir an der „Ermida de Nossa Senhora de Fátima“ vorbei, eine auf einer Anhöhe gelegenen kleine Kirche.
Unser nächster Halt ist eine rot lehmige Wüstenlandschaft inmitten der eigentlich grünen Insel, die Barreiro da Faneca.
Über San Pedro fahren wir weiter zu verschiedenen Aussichtspunkten entlang der Nordküste und können die Schönheit der Insel und der Küste bewundern. Eine Besonderheit der Insel ist es, das die Bewohner der Gemeinden ihre Tür- und Fensterleibungen je nach Gemeinde in unterschiedlichen Farben streichen, so ist es in San Pedro gelb, in Santa Babara blau usw.
Der Poco da Pedreira ist unser nächster Haltepunkt. Ein ehemaliger Steinbruch, aus dem große Basaltblöcke zum Bau der Häuser auf Santa Maria aber auch der anderen Azoreninseln, gewonnen wurden. Heute eine der touristischen Attraktionen, beherbergt der See am Fuße des Steinbruchs unzählige Frösche und Fische.
Vom Aussichtspunkt „Miradouro de São Lourenço“ hat man einen herrlichen Ausblick auf die gleichnamige Gemeinde. Aufgrund der gelungenen Harmonie zwischen Stadt und Natur gilt Sao Lourenco als eine der schönsten Gemeinden Santa Marias. Die Weinberge dienen nur der privaten Versorgung der Inselbewohner und sind käuflich nicht zu erwerben. Mario verspricht uns aber eine Weinprobe, die wir später auch in einer kleinen Bar bekommen.
Auf dem Weg machen wir noch Halt an einer Bäckerei, die typische lokale Produkte verkauft. Im Hinterzimmer gibt es noch eine kleine Ausstellung historischer Webstühle. Der Zusammenhang ist uns nicht klar. Bestückt mit Sandwiches zum Mittag, Brot und lokal typischen Keksen geht es zum zum „Cascata do Aveiro“ einem 120m hohen Wasserfall mit gemütlichem Picknickplatz.
Weiter geht unsere Tour zum Ribeira do Maloás. Hierbei handelt es sich um einen gigantischen Basaltsäulenaufschuß mit ca. 20m Höhe und 200m Länge. Auf dem Fußweg dorthin ist ein weiteres Mal die Steilküste der Insel und die Algarvenblüte beeindruckend schön zu sehen.
Durch einen Wald geht es nun auf den Pico Alto, mit 587m der höchste Berg der Insel. Mario hat mit diesem Punkt so lange gewartet, bis sich die Wolken ein wenig aufgelöst haben. Der Blick über die Insel ist aber immer noch vernebelt.
Die Prahia Formosa ist unser letztes Ziel für heute. Der Strand sieht gut aus, die Restaurants sollen toll sein und es ist vom Hafen aus zu Fuß zu erreichen.
Nach 5 Stunden sind wir zurück am Hafen. Wir haben vermutlich mehr gesehen als wir es mit dem Leihwagen geschafft hätten. Mit 70€ plus einem ordentlichen Trinkgeld ist es nur unwesentlich teurer als ein Leihwagen - Das machen wir demnächst öfter. Tom’s Geldbörse hat sich auch wieder eingefunden, in einer Backskiste tief unten reingerutscht – wie immer sie da hingekommen ist.
Wir planen unsere Weiterfahrt nach Sao Miguel für Montag, den 19.Juli. Hajo wünscht sich aber noch eine Nacht in der Ankerbucht „Praia do Formosa“ und so verabschieden wir uns bereits am Sonntag aus dem Hafen und gehen vor Anker. Am nächsten Morgen lichten wir den Anker um 06:30Uhr und werfen einen letzten Blick auf Vila do Porto und Santa Maria. Mit einem Am Wind Kurs erreichen wir gute 10 Stunden später den 60 sm entfernten Hafen von Ponta Delgada. Nach einigem Suchen finden wir Steg F und machen wie vom Hafenmeister per Funk angewiesen dort fest.
Wie auch auf Santa Maria gibt es auf Sao Miguel keine Leihwagen. Uschi und Albert von der Usi hatten Glück und haben einen Leihwagen ergattert, sodass wir deren Angebot sie auf den Inseltouren zu begleiten gerne annehmen. Am Mittwoch, den 21.07 treffen wir uns um 10:00Uhr und es geht los. Uschi hat als erstes Highlight den Parque de Ribeira dos Caldeiroes. Google Maps leitet uns zum Strand. Von dem versprochenen Wasserfall ist aber weit und breit nichts zu sehen. Schön ist es hier aber trotzdem.
Wir versuchen unser Glück nochmals und finden in 4km Entfernung einen weiteren Punkt bei Google Maps, der genauso heißt wie der, an dem wir grade stehen. Dort sind wir dann richtig. Der versprochene Wasserfall ist beeindruckend. Im unteren Teil des Parks gibt es historische Mühlen, die über angelegte Wasserläufe betrieben wurden und durch die Hanglage wird das ablaufende Wasser aus der oberen Mühle gleich als Antrieb für die untere Mühle genutzt. Der Park ist ein Highlight.
Weiter geht es zum Leuchtturm am Ponta do Arnel. Die Zufahrt zum Leuchtturm geht richtig steil nach unten. Da wir aber keine Lust haben, den Weg später nach oben zu laufen, wagen wir die Abfahrt.
Den Aufstieg schafft der VW UP mit 4 Personen nicht mehr. Die Reifen drehen durch und bei den engen Kurven lässt sich die Geschwindigkeit nicht halten. Unser Plan ändert sich. Albert fährt den Wagen mit quietschenden Reifen nach oben, der Rest erledigt den Aufstieg zu Fuß. Der Gedanke, was wir gemacht hätten, wenn der Wagen auch mit Albert alleine nicht mehr den Berg hochgekommen wäre verdrängen wir spätestens an unserem nächsten Halt. Am Aussichtspunkt Ponta do Sosssego erwartet uns ein traumhafter Blick entlang der Steilküste. Ein Garten mit exotischen Blumen und nett angelegten Grillplätzen zieht zum Wochenende sicher viele Einheimische an. Albert ist schon wieder zum Spaßen aufgelegt.
Nach einem Mittagssnack in einer kleinen Bar, die wir beim Vorbeifahren entdeckt haben geht es weiter zu den Schwefelquellen von Furnas. Als Zeugen der vulkanischen Aktivität haben die einzelnen Quellen Temperaturen von 70°C bis 100°C. In einer der Quellen werden Maiskolben gekocht, die einige Meter weiter zum Kauf angeboten werden. Wir verzichten auf die Erfahrung wie die wohl schmecken.
Weiter geht es zum Pico do Ferro. Von hier aus gibt es einen einmaligen Blick über das Furnastal und den Furnas Kratersee. Der kurze Fußweg vom Parkplatz ist mit Hortensien geschmückt.
Nächster Halt: Ermida Nossa Senhora da Paz - eine kleine Kapelle, die über unzählige Treppenstufen zu erreichen ist. Oben angekommen wird man mit einem Blick über Vila Franco do Campo und die davor liegende Insel belohnt.
Nach 8 Stunden Besichtigung geht es müde zurück zum Schiff. Morgen um 10:00 h geht es weiter. Alle 4 fallen wir müde in die Koje.
Während Albert im Hafenbüro in Erfahrung bringt, welche Tests die beiden für die Weiterreise nach Terceira benötigen, sind Uschi und Hajo mit der Tourenplanung beschäftigt. Tom steht nur rum und macht Fotos. Unser erstes Ziel ist der Lagoa do Fogo. Mit 575m der höchste See auf Sao Miguel.
Auch wenn es eigentlich noch etwas früh ist, fahren wir weiter zu einer Rumfabrik, laut Beschreibung mit Verkostung. Leider wegen Covid für den Publikumsverkehr geschlossen. Schade.
Beim nächsten Ziel, dem Aussichtspunkt Vigia das Baleias erwartet uns erneut ein Blick auf die Steilküste der Insel. Es ist immer wieder ein schönes Bild zu sehen, wie sich das Wasser am Felsen bricht. Nicht weit entfernt ist der Farol de Cintrao
Auf dem Weg zu unserem Hauptziel für den heutigen Tag machen wir noch einen kurzen Stopp in der Teefabrik, die ein eigenes kleines Museum hat. Die Fabrik liegt umgeben von Teefeldern. Das Museum zeigt insbesondere historische Maschinen zur Teeherstellung.
Der Terra Nostra Park ist unser finales Ziel für heute. Der größte und älteste botanische Garten der Azoren verfügt auch über ein warmes Schwefelbad. Bei der Ankunft entscheiden wir uns aber dazu, lieber nicht in dieser „Brühe“ zu baden. Wir starten unseren Rundgang und entdecken verschiedene Baum- und Pflanzenarten, die nach Themen in einzelne Gärten zusammengefasst sind. Mehrere Stunden streifen wir durch den Park.
Am nächsten Morgen geht der Leihwagen zurück. Wir sind dankbar und froh, dass wir die beiden Tage mit der Usi unterwegs sein konnten. Ein Leihwagen ist allerdings weiterhin Fehlanzeige. Wir machen uns noch ein paar schöne Tage bis Julian an Bord kommt.
Und dann kommt der 31.07. Julian startet pünktlich und mit ausreichend Zeitpuffer nach Frankfurt Hahn, der Flug mit Ryanair war der einige akzeptable Direktflug. Alles klappt gut, bis eine unwillige Dame bei Check-in eine Online Anmeldung für die Azoren verlangt, ohne die man nicht Einreisen dürfte. Es sind nur noch 30 min. bis zum planmäßigen Abflug und weder das Vorzeigen der Homepage des deutschen Auswärtigen Amtes, noch jener der Regionalregierung der Azoren verhilft der Dame zur Einsicht. Julian geht kurzerhand an einen anderen Schalter, hier kennt man die Regeln und es gibt eine Bordkarte. Mit einer Stunde Verspätung geht’s auf die Startbahn und direkt wieder zurück. Die Ground-Crew hat vergessen den Flieger zu betanken. So kommt der Juli(an) erst im August auf die Azoren, er landet mit 2 Stunden Verspätung um 0:20Uhr in Ponta Delgada.